wirtschaftliche Betrachtungsweise
- wirtschaftliche Betrachtungsweise
1. Grundsatz hinsichtlich der Auslegung und Anwendung der Steuergesetze, Unterfall der teleologischen Auslegung (⇡ Steuerrecht): a) Begriff: Die w.B. fordert die Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Steuergesetze, wirtschaftliches Geschehen der Besteuerung zu unterwerfen.
- b) Gesetzliche Grundlagen: Früher in der AO bzw. im StAnpG explizit geregelt; in der AO 1977 keine Aussage mehr. Der Grundsatz der w.B. wird heute als selbstverständlich angesehen, so dass kein Bedarf an einer besonderen gesetzlichen Regelung besteht. In der Begründung zu § 4 AO 1977 wird die Auffassung vertreten, dass es sich um eine allgemein geltende Auslegungsregel handelt, die im Steuerrecht ebenso wenig der Kodifikation bedarf wie im übrigen Recht.
- c) Praktische Bedeutung: Die w.B. kommt bes. dann zur Anwendung, wenn ein Steuergesetz zwar bestimmte rechtliche Sachverhalte nennt, dabei aber nicht deren spezielle rechtstechnische Einkleidung, sondern ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Wirkungen meint.
- 2. Prinzip zur Beurteilung von Sachverhalten: a) Es ist umstritten, ob außerhalb der gesetzlichen Norm des § 42 AO der Besteuerung fiktive Sachverhalte unterworfen werden dürfen, (⇡ Steuerumgehung, ⇡ typische Betrachtungsweise). Zulässig ist es jedoch zweifellos, wenn der verwirklichte Sachverhalt in seinen wirtschaftlichen Wirkungen gewürdigt und diesen wirtschaftlichen Wirkungen entsprechend unter eine Steuernorm subsumiert wird.
- b) Anwendungsfälle: (1) Besteuerung von unwirksamen Rechtsgeschäften, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis eintreten und bestehen lassen. Dies gilt nicht, soweit sich aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt. (2) Besteuerung von gesetz- oder sittenwidrigen Rechtsgeschäften. (3) Wirtschaftliche statt bürgerlich-rechtliche Zurechnung (⇡ wirtschaftliches Eigentum). (4) Besteuerung bei „Vertragsbündeln“.
Lexikon der Economics.
2013.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Wirtschaftliche Betrachtungsweise — Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist ein Grundsatz des Steuerrechts, nach dem Sachverhalte im Zweifel nach dem wirtschaftlichen Ergebnis zu beurteilen sind (§§ 39 bis § 42 AO). Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)… … Deutsch Wikipedia
Wirtschaftliche Betrachtung — Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist ein Grundsatz des Steuerrechts, nach dem Sachverhalte im Zweifel nach dem wirtschaftlichen Ergebnis zu beurteilen sind (§§ 39 bis 42 AO). In der internationalen Rechnungslegung (US GAAP und IFRS) wird… … Deutsch Wikipedia
typische Betrachtungsweise — umstrittene Auslegungsregel des ⇡ Steuerrechts. T.B. liegt vor, wenn das „Übliche“ und „Regelmäßige“ über die in Einzelheiten abweichende Regelung des konkreten Falles gestellt wird. Problematisch ist bes., dass hierdurch anstelle des… … Lexikon der Economics
Sicherungseigentum — Die Sicherungsübereignung wird von Kreditinstituten als Instrument der Kreditsicherung genutzt und ist der praktisch wichtigste Fall der Übereignung nach §§ 929, 930 BGB. Unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise hat sie die Bedeutung eines… … Deutsch Wikipedia
Sicherungsübereignung — Die Sicherungsübereignung wird von Kreditinstituten als Instrument der Kreditsicherung genutzt und ist der praktisch wichtigste Fall der Übereignung nach § 929, § 930 BGB. Unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise hat sie die Bedeutung… … Deutsch Wikipedia
Bilanzstetigkeit — Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) sind teils geschriebene, teils ungeschriebene Regeln zur Buchführung und Bilanzierung, die sich vor allem aus Wissenschaft und Praxis, der Rechtsprechung sowie Empfehlungen von Wirtschaftsverbänden … Deutsch Wikipedia
GoB — Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) sind teils geschriebene, teils ungeschriebene Regeln zur Buchführung und Bilanzierung, die sich vor allem aus Wissenschaft und Praxis, der Rechtsprechung sowie Empfehlungen von Wirtschaftsverbänden … Deutsch Wikipedia
Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung — Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) sind teils geschriebene, teils ungeschriebene Regeln zur Buchführung und Bilanzierung, die sich vor allem aus Wissenschaft und Praxis, der Rechtsprechung sowie Empfehlungen von Wirtschaftsverbänden … Deutsch Wikipedia
Entwicklung der Verhältnisse — Begriff des Steuerrechts für Änderungen der Lebensverhältnisse, die u.a. auf technischem Fortschritt, wirtschaftlichen, soziologischen, kulturellen und politischen Erkenntnissen beruhen. Eine Berücksichtigung der E.d.V. bei der Auslegung… … Lexikon der Economics
Aktienleerverkauf — Unter Leerverkauf (auch: Blankoverkauf, Short Sale) versteht man den Verkauf einer Ware, eines Währungsbetrages oder eines Wertpapiers, das der Verkäufer zum Verkaufszeitpunkt noch nicht besitzt. Der Verkäufer profitiert von dem Leerverkauf, wenn … Deutsch Wikipedia